Julie und Victoria


 Julie und Victoria waren Teil der Heidelberger Delegation 2016 und haben die Delegation 2017 als Projektleitung vorbereitet. In diesem Tuesday Talk erklären sie, warum Teamfähigkeit einen guten Delegierten macht, berichten von den Hard und Soft Skills, die sie durch MUN gelernt und vermittelt haben und von dem magischen Gefühl nach der Konferenz in der UN-Generalversammlung zu sitzen.

 

Ihr habt die letzte Delegation mit vorbereitet. Was wolltet ihr aufgrund eurer eigenen Erfahrungen als Delegierte weitergeben und worauf habt ihr den Fokus gelegt?

Victoria: Das Jura-Studium vermittelt bekanntlich wenig bis gar keine Rhetorische Fähigkeiten. Das haben wir bei uns persönlich und späteren Delegierten auch bemerkt. Nun ist es auch kein Prüfungspunkt im Staatsexamen, aber dennoch eine Kernkompetenz, die immer mehr einfach vorausgesetzt wird.

Deshalb haben wir versucht die Fähigkeiten der neuen Delegation diesbezüglich auszubauen und sie für Freude an improvisierter Überzeugungsarbeit zu gewinnen. Es ist nämlich nicht unüblich dass während einer Konferenz die zuvor geschriebenen Reden, durch schnellen Themenwechsel, unbrauchbar werden und spontan etwas Neues entwickelt werden muss. Während der Vorbereitung konnte es also passieren, dass jemand völlig unerwartet ein Vortrag z.B. Über Glühbirnen halten musste. Das war nicht nur lustig für alle Beteiligten, sondern zum Schluss auch so gelungen, dass man die Ahnungslosigkeit des Referenten einfach vergaß.

Julie: Die Konferenz in NY ist sehr tough, man muss sich in einer Fremdsprache gegenüber anderen - zuweilen MUNerfahrenen und dominanten -Delegierten durchsetzten. Mir war wichtig, dass die Delegierten, selbst wenn sie eingeschüchtert sind, selbstbewusst ihrem Standpunkt vertreten und dabei trotzdem freundlich und höflich bleiben. Indem wir unsere Delegierten immer und immer wieder spontan und vorbereitet vor der Gruppe haben reden lassen, sollten Sie selbstsicheres Auftreten trotz Nervosität lernen. Fake it, 'till you make it!

 


War euch die Teilnahme an NMUN in eurem weiteren Leben/Ehrenamt/Studium noch nützlich? Welche Erfahrungen speziell haben euch weitergebracht?

Victoria: Während der Konferenz ist es Ziel eine Resolution als “Sponsor“ zu verabschieden, mithin die persönlichen Anliegen in den Schriftsatz einzubringen. Um eine Resolution verfassen zu können, muss die Form der Resolution bzw. den vorangehenden Postion-Papers bekannt sein. Welcher Abschnitt bedeutet was? Warum steht es dort in dieser Form? Durchsetzungsvermögen reicht nicht allein, es braucht auch technisches Wissen.

Nach NMUN durfte ich in Berlin bei einem Interessenverband ein Praktikum machen und mich entsprechend mit aktuellen Positionspapieren des Parlaments auf Bundes- und Europäischer Ebene befassen. Die in NMUN erlernten Fähigkeiten bzgl. Entstehung und Zusammensetzung eines Postion-papers haben mir somit in meinem praktischen Alltag treue Dienste geleistet.

Julie: Dadurch, dass sich ein Thema während der Konferenz entwickelt, lernt man seinen Standpunkt häufig sehr spontan anzupassen und schnell neue Ideen/ Lösungsvorschläge zu verfassen. Zudem redet man sowohl während des formal als auch des informal caucuses häufig vor sehr vielen Menschen. Man verliert irgendwann die Nervosität und achtet mehr auf sein Auftreten gegenüber anderen, das erleichtert sehr die richtige Vermittlung der eigenen (Verhandlungs-)Position - egal ob in einem Vorstellungsgespräch einem Meeting oder einem privaten Anlass, bei dem man sich vor vielen Menschen behaupten muss.

 


 

Welche Fähigkeiten und Kenntnisse sollte der ideale Delegierte mitbringen?

Victoria: Essentiell ist natürlich das allgemeine Interesse an der internationalen Politik. Wenn es im Verlauf der Vorbereitung darum geht, fast jede Woche eine Rede zu schreiben, ist es von Vorteil Freude beim Einarbeiten zu empfinden.

Zudem ist Team-Fähigkeit unersetzlich. Gemeinsam arbeiten zu können, sich auf die Stärken und Schwächen des anderen einzulassen und zusammen doppelt so kompetent zu sein, auch das ist NMUN.

Julie: Selbstverständlich ist ein gewisses politisches Grundverständnis und Interesse unerlässlich. Aber da es letztlich um diplomatische Verhandlungen geht, bei dem am Schluss ein für alle einigermaßen zufriedenstellendes Ergebnis erziehst werden soll, sind auch Softskills wie Teamfähigkeit, Kompromissbereitschaft, sympathisches Auftreten und Empathie absolut von Vorteil.

 

Was waren euere schönsten Erfahrungen mit NMUN?

Victoria: Es gibt so viele aufregende Momente, aber wenn ich einen auswählen müsste dann wäre es die Abschlusszeremonie im UN Headquarter.

Einmal den Platz einer echten Delegierten einzunehmen, und das eventuelle Berufs-Ziel so greifbar nah zu erfahren, das ist eine große Motivation die mich immer noch begleitet.

Julie: Der absolut schönste Moment neben vielen anderen war auch für mich die Abschlusszeremonie im UN-Headquarter. Bei uns hat damals der schwedische Stellvertreter von Ban Ki-moon eine wahnsinnig umspielende Rede gehalten. Erst dort, im Herzen der UNO, realisiert man richtig was man geschafft hat und fühlt noch einmal den Geist und Sinn der UNO. Nach 6 Monaten Vorbereitung und 4 anstrengenden Konferenztagen, hat man geschafft eine Resolution zu verabschieden indem man einen Kompromiss zwischen dem eigenen aber auch den anderen Standpunkten und somit Lösungsmöglichkeiten für komplexe Probleme gefunden hat. Das ist ein tolles Gefühl.